Reform der EU Agrarpolitik: grüner, nachhaltiger, fair?
Vergangenen Mittwoch berichtete Frau Professor Wieck, Leiterin des Fachgebietes Agrar- und Ernährungspolitik der Universität Hohenheim über den aktuellen Reformprozess der EU-Agrarpolitik für die nächste Budgetperiode 2020-2027. Das Thema traf auf sehr großes und breites Interesse und wurde intensiv diskutiert.
Die „Gemeinsame Agrarpolitik“ (GAP) zählt zu einem der ältesten Politikbereiche. Nach dem 2. Weltkrieg sollte sie die Landwirtschaftsproduktion ankurbeln und die Lebensqualität der Bauern verbessern. Die GAP macht auch heutzutage mit 40% des gesamten EU-Haushaltes einen Hauptteil des Budgets aus: Fast 400 Milliarden Euro sind für die Periode 2021 – 2027 eingeplant. Dieser dicke Batzen an Fördermitteln, von denen ca. 290 Milliarden Euro auf die sogenannte 1. Säule, d.h. Direktzahlungen und Marktmaßnahmen, und 96 Milliarden Euro auf die 2. Säule, die Förderung der Entwicklung der ländlichen Räume, fallen, weckt natürlich Begehrlichkeiten. Frau Professor Wieck stellte sehr eindrucksvoll die unterschiedlichen Interessen der beteiligten Akteure dar, seien es die Branchenverbände, umwelt- und entwicklungspolitische Organisationen, Verbrauchervereinigungen, politische Parteien und viele andere. Auch Slow Food wirkt hier maßgeblich mit!
Frau Professor Wieck erklärte, welchen Herausforderungen sich die Entscheider stellen müssen, um auch die proklamierten Ziele des Green Deals, der Farm-to-Fork Strategie und der EU-Biodiversitätsstrategie, zu integrieren, damit die Agrarpolitik grüner, nachhaltiger und fairer werden kann. Die durch die Politik geprägten Markteingriffe, die den Ex- und Import beeinflussen und Auswirkungen auf Drittländer haben, wurden ebenso intensiv diskutiert, wie Aspekte des Tierwohls und der Bodengesundheit. Wir Zuhörer waren von dieser Komplexität zunächst erschlagen und etwas frustriert, konnten dann aber herausarbeiten, dass hinsichtlich Ökolandbau und handwerkliche Landwirtschaft der Lebensmitteleinzelhandel und die Konsumenten durch ihr Verhalten etwas bewirken können, indem der tatsächliche Wert von Lebensmitteln schätzen gelernt wird. Eine veränderte Kostenrechnung, die soziale, ökologische und Nachhaltigkeitsaspekte beinhaltet und nicht rein auf Fläche des Betriebes abzielt, könnte hier zu einer Lösung beitragen, um kleineren und mittleren landwirtschaftlichen Betrieben eine kostendeckende und gewinnbringende Arbeit zu ermöglichen.
Weiterführende Informationen:
https://ec.europa.eu/germany/news/20201218-gemeinsame-agrarpolitik_de
https://www.bmel.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2021/29-gap.html
https://www.nabu.de/downloads/210316_NABU-BV_GAP2021-Studie-ifab.pdf
Weiterführendes von Slow Food
https://www.slowfood.com/de/wissenswertes-ueber-die-gemeinsame-agrarpolitik-der-eu/
https://www.slowfood.de/slow_themen/agrarpolitik/aktuelles
https://www.slowfood.de/slow_themen/agrarpolitik/slow_food_positionen
Artikel von Karen Bieback