von Katja Gruber
Freitag, 16:50 Uhr. Bevor das zweite Blech frisch gebackene Dampfnudeln aus dem Ofen geholt wird, vertritt man sich am besten noch die Beine rund um den Hofladen, der vor einigen Wochen in die 160 qm großen neuen Räume umgezogen ist. Inmitten geschützter Natur und biodynamisch bewirtschafteter Weinberge liegt das Hofgut Ruppertsberg. Das historische, zum Weingut Dr. Bürklin-Wolf gehörende Ensemble verzaubert sofort mit seinem idyllischen Anblick. Überquert man die schmale Obergasse und läuft auf eine frisch gedrechselte Holzbank zu, ertönt von links fröhliches Geschnatter von Gänsen, denen im November das baldige Ende droht. In Coronazeiten wurde ihnen einen kurzer Aufschub gewährt und so wird unter den Händen von Jean-Philippe Aiguier aus der Martinsgans ein knuspriger Weihnachtsvogel mit Füllung oder „gans to go“. Eine bunt gescheckte Glückskatze streicht um die Beine, ein blauer und ein weißer Pfau verschwinden hinter der Häuserwand des verlassen liegenden Hofanwesens. Das eher nasse Frühjahr geht über in das Licht des Sommers, die Natur zeigt sich nach einigen Regentagen von überbordender Schönheit. Es ist die Stunde der Produkte des Frühjahrs, die die Hofläden nun wohlfeil halten: Spargel, Erdbeeren, Salate, Radieschen, vieles vom Bioland-Erzeuger Bauers Garten in Winden. An einigen Tagen bietet der Hofladen Fisch der Familie Kuhn aus den Altrheinarmen an. Freitags und Samstags braten die Köche gefüllte Bio-Hähnchen auf Vorbestellung an. Besucher*innen finden ein großes Sortiment an Bioqualität vor. Fleisch vom schwäbisch-hällischen Landschwein oder Simmentaler Rind lassen alle slow-foodies entzückt aufhorchen, dazu Obst und Gemüse, Gewürze und andere Bioprodukte, Backwaren aus der eigenen Patisserie (unbedingt die Zitronen-Tarte probieren!) und der Käse, vor allem den gereiften Compté von Maitre Antony aus dem Elsass, einem der großen Käse-Affineure Frankreichs. Das Restaurant ergänzt mit einer im Hofladen erhältlichen Lachsterrine, Lasagne, Ziegengulasch, Rinderfrikadellen oder einer raffinierten Zwiebelquiche aus roten Zwiebeln mit Käse. Zusätzlich gibt es einen Abverkauf von Stauden und Jungpflanzen. Passende Töpfe stehen in allen Größen im Innenhof.

Chefkoch und Pächter Jean-Philippe Aiguier bezieht mit seinem Team für den Hofladen und das Restaurant die Lebensmittel aus der Region, slow, saisonal, mit kurzen Wegen und direkten Kontakten zum Erzeuger „um die Ecke“. Dabei setzt er konsequent auf Produkte, die mit einem Biosiegel zertifiziert sind. Nach eigener Aussage möchte er gern „kulinarische Raffinesse und ökologische Sensibilität“ verbinden. Dies gilt für die raffinierte Menükarte genauso für den Wein des biodynamisch angebauten Weingutes Bürkling-Wolf. 2019 erhielt das Weingut in den beiden Wineguides Vinum und GaultMillaut die Bestbewertung mit je fünf Sternen bzw. Trauben. Ergänzt wird die Weinkarte mit Weinen zahlreicher deutscher und europäischer Regionen. Das Menü ist als 3-, 4- oder 5-Gang-Menü wählbar, die vegetarische Alternative lässt sogar das Herz der Nicht-Vegetarier hochschlagen. Und dass der Gast höflich gebeten wird, auf den Einsatz elektronischer Medien im Restaurant zu verzichten und stattdessen Auge und Mund den Köstlichkeiten aus der Küche zu widmen und das Ohr dem Gegenüber passt ganz zum Gedanken von Slow Food, sich in Ruhe und gemächlich einer Sache zu widmen: nämlich dem Genuss pur, der alle Aufmerksamkeit erfordert.

16.59: Für Punkt 17 Uhr hatte die junge Bäckerin das letzte Blech der Dampfnudeln angekündigt. Lächelnd verweist sie auf ihre gerollten Rosinenschnecken, ein Stück Nusszopf oder den frischgebackenen Apfelstrudel als Alternative, falls man keine Wartezeit mitbringt. Ein Paar lässt sich in Coronazeiten einen Kaffee mit einer süßen Leckerei an einem der Stehtische im Innenhof schmecken.
Einige Touristen haben sich nach dem Mittagessen in Deidesheim noch zum Hofgut verirrt und pendeln nun voller Vorfreude zwischen Hofladen, Pfauen und der Speisekarte des Hofgutes, das stolz seinen Namen in die gastronomische Welt trägt.
17.25 Uhr: Die frischen Dampfnudeln haben länger gebraucht, denn eine echte Dampfnudel braucht ihre Zeit. Schnell geht hier nichts, ganz in der Philosophie von Slow Food. Rechts läuft man in den Laden und hinten kommt man wieder heraus. Das Corona-Leitsystem klappt und fröhlich kauend mit einer Dampfnudel in der einen Hand und der vollen Tasche in der anderen schlendert die Besucherin zum Auto und wählt die Nummer, um einen Tisch zu reservieren …und träumt schon vom Menü!

Hofgut Ruppertsberg, Obergasse 2, 67152 Ruppertsberg, Tel: 06326 982097
Hofladen geöffnet:
Mittwoch/Donnerstag von 10 – 18 Uhr
Freitag von 10 – 19 Uhr
Samstag von 10 bis 15 Uhr
Restaurant ENDLICH WIEDER geöffnet ab 16. Juni!
Text und Bilder – © 2021 Katja Gruber
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